Hatzenbühl im Jahr 1573: Der Pfälzer Pfarrer Anselmann pflanzt im Gemeindegarten Saatgut eines empfindlichen tropischen Nachtschattengewächses an. Er wird damit zum Pionier des Tabakanbaus in seinem Land – und die Pfalz kann sich seither rühmen, die Heimat des Tabaks in Deutschland zu sein. Das Klima und der Boden in der Südpfalz waren für den Anbau ideal. So gedieh hier der Tabak als Sonderkultur in den folgenden Jahrhunderten, zunächst nur zur Zierde und als Heilpflanze, dann als Genussmittel, später wurde der Anbau auch zum Wirtschaftsfaktor. Anfang des 17. Jahrhunderts kam es zur Gründung der ersten Tabakbauvereine. Die wirtschaftliche Blütezeit des Pfälzer „Duwaks“ war von 1970 bis 2009 mit dem Anbau von drei Tabaksorten auf einer Fläche von mehr als 1200 Hektar: Die traditionelle luftgetrocknete Sorte Badischer Geudertheimer für die Zigarrenproduktion und die Sorten Badischer Burley sowie den ofengetrockneten Virgin für Zigaretten und Pfeifentabak. Jedoch wurden 2010 die Subventionen der EU für den Tabakanbau gestrichen. Ohne finanzielle Förderung gaben viele Tabakpflanzer die zeitintensive und mit Handarbeit verbundene Produktion auf. In jüngster Zeit gibt es aber einen Auftrieb und neue Perspektiven – dank der steigenden Qualitätssicherung mit ökologischen und nachhaltigen Methoden, ohne Spritzmittel und Zusätze. So steigt die Nachfrage wieder und neue Märkte eröffnen sich. Insbesondere für die Sorte Virgin, die an arabische Wasserpfeifenraucher und US-amerikanische Öko-Tabakfans verkauft wird. Inzwischen kultivieren die verbliebenen 50 pfälzischen Tabakanbauer im Wesentlichen den Virgin und auf kleiner Fläche die Sorte Badischer Geudertheimer.
Zentrum des Anbaus ist die Südpfalz um die Orte Neupotz und Kandel. Produkte aus diesen hochwertigen Sorten sind die Pfalzzigarillos und, als Aushängeschild der pfälzischen Tabakpflanzer, die Pfalz-Zigarre. Beide werden im regionalen Tabakwaren-Einzelhandel und im Pfalzshop als Spezialitäten angeboten. Aber nicht nur für den Verkauf ist der Tabak ein heimischer Wirtschaftsfaktor, sondern auch für den Tourismus. Blühende Tabakfelder und historische Holzscheunen, die das Landschaftsbild in der Rheinebene zwischen Speyer und der französischen Grenze prägen, sind für Urlaubsgäste ebenso eine Attraktion wie die Feste, die in vielen Tabakgemeinden zur Blüte- und Erntezeit stattfinden. So natürlich auch am heimischen Geburtsort des tropischen Nachschattengewächses in Hatzenbühl beim traditionellen Tabak-Einlese-Wettbewerb. Aufgabe der Teilnehmer ist es, in kürzester Zeit die frisch geernteten Tabakblätter zum Trocknen auf eine Schnur zu fädeln. Einen Einblick in die wechselreiche Geschichte des regionalen Tabakanbaus und den Jahreskreislauf, angefangen vom Anbau über die Ernte bis zur Verarbeitung, hat der Fotograf Karl-Ludwig Sattler in einer Sonderausstellung des Museum Herxheim dokumentiert. Eine Dauerausstellung dort zeigt mit Tabakpressen, Zigarrenmodellen und Multimediastationen die vielfältige Geschichte der Herstellung von Zigarren. So ist die Tabakpflanze in der Pfalz nicht nur eine Sonderkultur, sondern auch ein Kulturgut.