Mit großer Wucht und lautem Knall
Fast drei Jahrhunderte alt ist ein Wunderwerk der Baukunst in St. Julian: die historische Ölmühle. 1730 erbaut, gilt sie heute als eine der letzten betriebsfähigen Ölmühlen dieser Art in ganz Europa. „Es funktioniert alles wie am ersten Tag. Die Aufnahme der Ölproduktion ist hier jederzeit wieder möglich, wäre aber heute natürlich nicht mehr wirtschaftlich“, erläutert Philipp Gruber. Der 1986 geborene Ortsbürgermeister freut sich, dass die Mühle mittlerweile unter Denkmalschutz steht. Sie ist das Wahrzeichen von St. Julian, das mit seinen Ortsteilen Eschenau, Gumbsweiler und Obereisenbach zur Verbandsgemeinde Lauterecken-Wolfstein gehört. Ein goldenes Mühlrad im Ortswappen unterstreicht die Bedeutung der Ölmühle.
Pflanzenöle werden aus Ölfrüchten- und Ölsaaten hergestellt. So wird beispielsweise beim Olivenbaum oder der Ölpalme das Fruchtfleisch, bei Soja, Sonnenblumen oder Raps dagegen der Samen genutzt. „In St. Julian wurde aus Mohn, Leinsamen und Raps Öl hergestellt. Auch Walnussöl ist hier produziert worden“, berichtet Philipp Gruber. Der Bürgermeister, der hauptberuflich bei der Kreisverwaltung Kusel unter anderem auch im Bereich Tourismus Akzente setzt, zeigt dabei auf das Kamm-, Stock- und das Königsrad der Mühle. Letzteres treibt den Mühlstein an.
Durch den sich drehenden großen und schweren Sandstein werden die Samen zu Brei zerrieben, der in Leinensäckchen gefüllt wird. Aus diesen wiederum erzeugt dann die Stempelpresse die Öle. Ein gewaltiger Holzblock, aus einem einzigen Baumstamm geschaffen, fällt dabei mit großer Wucht und lautem Knall immer wieder auf die Säckchen. Daher komme der Begriff „Öl schlagen“, erklärt Philipp Gruber. Dieses einzigartige Verfahren wird in St. Julian heute nur noch zu Vorführzwecken gezeigt. Zu besichtigen ist die Ölmühle ganzjährig nach vorheriger Anmeldung.
Noch eine Besonderheit existiert im zweiten Raum, in dem parallel auch Mehl gewonnen wurde. Der Schäl- oder Gerbgang mit Rütteleinrichtung und einem Windhaus, in dem die Schalen herausgeblasen werden, ist nach Ansicht von Experten einzigartig in Deutschland. Kein Wunder, dass die Ortsgemeinde in den 1960er-Jahren die Mühle übernommen hat.
Stolz der Gemeinde
„Hier sind alle stolz darauf, dass wir sie mit Liebe zum Detail sowie gewissenhafter Präzision so erhalten haben, wie sie war“, betont Philipp Gruber. Ausgetauscht werden nur Verschleißteile. Zudem erhielt die Mühle 2008 ein neues Wasserrad. „Besucher sind immer begeistert, wenn sie eine Demonstration der Ölmühle miterlebt haben“, betont Philipp Gruber. Nicht zuletzt deshalb will er die Mühle künftig noch mehr in den Mittelpunkt stellen. Das Mühlenfest, das früher in St. Julian gefeiert wurde, soll wiederaufleben.
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