Der wohl ungewöhnlichste Weinberg der Pfalz ist in der Einzellage "Schlossberg" im südpfälzischen Weingarten angelegt worden. Alle rund 1000 Rebstöcke auf dem 2400 Quadratmeter großen Areal sind Abkömmlinge von alten Rebstöcken, die von Andreas Jung seit 2006 in den letzten uralten Weinbergen Deutschlands entdeckt, identifiziert und gerettet wurden.
Stöcke aus dem 18. und 19. Jahrhundert
Der Rebsortenkundler Andreas Jung aus Lustadt bei Germersheim, der im Auftrag des Bundeslandwirtschafts-Ministeriums zwischen 2007 und 2010 den Sortenbesatz alter Rebanlagen in ganz Deutschland kartiert hat, fand die ersten alten Rebstöcke schon 2002 an der Badischen Bergstraße. In insgesamt 42 alten, wurzelechten Weinbergen mit über 80 Sorten allein an der Badischen Bergstraße identifizierte er seit dem Sommer 2005 die Sortenzugehörigkeit der alten Rebstöcke anhand von Blattform, Trauben und Triebspitze. Von den alten Stöcken wurden dann jeweils im Winter Edelreiser geschnitten, die nach der Pfropfung in den Südpfalzweinberg gepflanzt wurden. Die Anlage in Weingarten enthielt am Anfang vor allem die Sorten der Badischen Bergstraße, wo bis zu 34 Sorten wie ein "Flickerlteppich" im „historischen Mischsatz" zusammenstanden. Mittlerweile stehen im Rebsortenarchiv Südpfalzweinberg mehr als 115 historische Sorten, die Andreas Jung ausschließlich aus alten Weinbergen in Deutschland (und an den Grenzgebieten in der Nordschweiz und in Schlesien) zusammengetragen hat. Sie tragen hierzulande kaum noch bekannte Namen wie "Ortlieber" aus dem Elsass, "Honigler" aus Ungarn, "Affentaler" aus Siebenbürgen oder "Blauer Kracher" aus Österreich. Es sind die Sorten der deutschen Siedler in Osteuropa, die schon seit dem Frühmittelalter fränkische, welsche und hunnische Sorten aus den Kolonien in ihre alte Heimat sendeten. Andere Sorten wie der Kleinedel, der Fütterer, der Süßschwarz, Hartblau oder der Süße Römer galten längst als verschollen oder ausgestorben. Der Südpfalzweinberg hat sich bis heute in seiner Zusammensetzung laufend verändert. Leider können dort nicht alle 320 Sorten untergebracht werden, die Andreas Jung in Deutschland entdeckt und vor dem Aussterben gerettet hat. Über 130 dieser Sorten galten zuvor als ausgestorben oder waren wie Adelfränkisch und Fränkischer Burgunder offiziell aus den Sortenregistern bereits gelöscht worden, weil man sie für Synonyme von Traminer und Spätburgunder gehalten hat.
Cuvée aus roten oder weißen Trauben
Die handverlesene Ernte des Südpfalzweinbergs wird jedes Jahr zu einem Jahrgangs-Cuvée verarbeitet. Ausgebaut wird der Wein von Adrian Spieß vom Weingut Spieß in Weingarten, dem Kooperationspartner von Andreas Jung in weinbautechnischen und önologischen Fragen. Mit dem Verkauf des Weins sollen die Material- und Arbeitskosten gedeckt werden, die mit der Pflege eines solchen Weinbergs verbunden sind. "Ich will mit dieser Anlage keinen Gewinn erzielen, sondern uralte Rebsorten für die Nachwelt erhalten und sie vor dem Aussterben bewahren. Aber die Kosten müssen irgendwie durch Einnahmen kompensiert werden" Unterstützen kann man dieses Anliegen durch die Übernahme von Sortenpatenschaften. Die Paten erhalten je nach Laufzeit erst 6, dann 12 Flaschen des Cuvée-Weins pro Jahr, außerdem eine persönliche Urkunde und ein Namensschild an den Patenreben. Einmal im Jahr findet eine Kulinarische Weinprobe mit Vortrag statt.
Gerne kann man hier auch "Weinpate" werden. Wie das geht, erfahren Sie hier.