Es klingt paradox. Dort, wo heute in der Pfalz ganz oben ist, war einmal ein flaches, warmes Meer. Es zog sich vor rund 30 Millionen Jahren vom Süden her – die Alpen existierten noch nicht – durch den Rheingraben bis ins Donnersberger Land. Dort, wo sich in Urzeiten Seekühe und Haie tummelten, wie Versteinerungen belegen, rinnt heute der Schweiß der Wanderer beim Aufstieg zum Königsstuhl, dem Gipfel des Donnersbergs. Er ist mit 687 Höhenmetern die höchste Erhebung der Pfalz. Und dort führt natürlich der „Pfälzer Höhenweg“ vorbei, einer von drei Fernwanderwegen mit Prädikat. Er reiht in sieben Etappen mit insgesamt 114 Kilometern Länge und rund 3.400 Höhenmetern im Auf- und Anstieg Höhepunkte der Pfalz aneinander. Im Wort- und im übertragenen Sinn.
Loslassen vom Alltag
Es sind einzigartige Momente: Bei guter Fernsicht reicht der Blick vom Königsstuhl über das Nordpfälzer Bergland bis zu Hunsrück und Taunus. Damit wird schon zu Beginn ein weiteres Merkmal des Weges offensichtlich: Hier treffen sich Höhe und Weite auf spektakuläre Art und Weise. Und dies immer wieder. Die liebliche, leicht bewaldete Hügellandschaft des ursprünglichen Pfälzer Berglandes ist das eine. Weite Höhenzüge, Wälder, Wiesen und Äcker, die für ein abwechslungsreiches Landschaftsbild sorgen, sind das andere. Zusammen schafft die Kombination eine Atmosphäre, in der man schnell weit weg ist vom Alltag und einem das Loslassen leichtfällt. Dies begleitet einem bis zum Endpunkt des Prädikatsweges, dem Königsberg bei Wolfstein. Natürlich wieder eine der höchsten Erhebungen, diesmal im Landkreis Kusel.
Gesteinsformationen als Grundlage
Höhepunkte sind aber auch die Erlebnisse. Etwa der Ausblick vom Ludwigsturm auf dem Plateau des Donnersberg. Gleich drei unterschiedliche Landschaften sind zu erkennen. Im Norden die „Alte Welt“ des Pfälzer Berglandes. Im Süden das Dichte Grün des Pfälzerwaldes und Richtung Osten in der Rheinebene die mosaikgleichen Flächen mit Acker-, Garten- und Weinbau. Unterschiedliche Gesteinsformationen aus verschiedenen Erdzeitaltern sind die Grundlage dafür. Der Mensch hat diese erkannt und genutzt. Dies gilt auch für einen zerklüfteten Vulkanfelsen, auf dem die Ruine der Burg Falkenstein rund 100 Meter oberhalb des gleichnamigen Dorfes thront. Im 12. Jahrhundert entstanden, wurde die Burg zwischen 1664 und 1666 durch kurpfälzische Truppen zerstört. Heute ist die Ruine zum einen spektakulärer Schauplatz der Geschichte, zum anderen ein weiterer Ort, an dem sich Höhe und Weite treffen. Der Blick aus dem „Fenster“ ist überwältigend. Und eine Picknick-Pause zwischen historischen Mauern ein weiterer ganz besonderer Moment.
Kunstgeschichtliche Kostbarkeiten
Wie Perlen zieren auch malerische Städtchen den Pfälzer Höhenweg. In Meisenheim am Glan, das 1315 für treue Dienste vom König „Ludwig der Bayer“ die Stadtrechte erhielt, ist beispielsweise ein Rundgang durch die historische Altstadt Pflicht. Zahlreiche Bauwerke sind bereits im Mittelalter entstanden. Da Meisenheim von Kriegen und größeren Katastrophen verschont blieb, ist vieles erhalten geblieben. Kunstgeschichtliche Kostbarkeiten birgt die 1479 erbaute Schlosskirche, die zu den bedeutendsten linksrheinischen Bauwerken der Spätgotik zählt. Aus der Stadt heraus führt der Weg dann über den Glan hinweg steil hinauf zum Aussichtspunkt Juché, der nochmals einen atemberaubenden Blick über die Meisenheimer Fachwerk-Altstadt ermöglicht.
Erfrischendes Fußbad in der Lauter
Dort, wo die Lauter in den Glan mündet, lohnt sich ein weiterer Abstecher. Das Städtchen Lauterecken war früher die Residenz der Grafen Pfalz-Veldenz und wird deshalb auch Veldenzstadt genannt. Sehenswert ist hier das Alte Schloss, das in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts neu errichtet und an dessen Ende erweitert wurde. Bis heute erhalten sind ein spätgotischer Keller sowie Teile der Ringmauer, der sogenannte Veldenzturm. Ein besonderes Baudenkmal ist auch die historische Lauterbrücke, die zu den ältesten erhaltenen Brücken der Pfalz zählt. Mit fünf Bögen über vier Pfeilern steht sie an einer Stelle, an der schon vor dem Brückenbau ein Flussübergang gewesen war. Hier sorgt das kühle Wasser der Lauter für einen unvergesslichen Moment, wenn man die Füße daran baumeln lässt. Vor der siebten und letzten Etappe des Pfälzer Höhenweges kann dies, vor allem an warmen Tagen, nicht schaden. Denn der Prädikatsweg macht seinem Namen schon bald wieder Ehre.
Krönender Rundblick als Schlusspunkt
Lange ansteigend geht es nämlich hinauf zum bewaldeten Königsbergmassiv. Zu ihm zählen neben dem Königsberg selbst die Gipfel Leienberg und Hahnenkopf. Und im Süden schließt sich der 546 Meter hohe Selberg an. Als „Erlebnisregion Königsberg“ – sieben Aufstiege führen hier zum Gipfelglück – ist diese traumhafte Landschaft unabhängig vom Höhenweg ein Ziel. Doch auch unterwegs auf dem Pfälzer Höhenweg warten schon weitere Höhepunkte. So die Burgruine Alt-Wolfstein. Sie wurde wohl im 12. Jahrhundert zur Sicherung des Königslandes errichtet. Der rund 20 Meter hohe Bergfried, ein ehedem unbewohnter Wehrturm, bietet an der engsten Stelle des Lautertals noch heute eine grandiosen Ausblick über die Landschaft. Gleiches gilt etwas später für die Ruine Neu-Wolfstein, die wahrscheinlich im 14. Jahrhundert erbaut wurde. Und nicht zuletzt für den 17 Meter hohen Aussichtsturm auf dem Selberg. Der krönende Rundblick dort lässt keinen Zweifel aufkommen. Hier treffen sich Höhe und Weite.
ein Text von Michael Dostal