Ähnlich wie der Rebschnitt und das Herausziehen des alten Rebholzes aus dem Drahtrahmen gehört das Rebenbinden zu den zeitaufwändigsten Arbeiten im Weinberg. Es erfordert weniger Fachverstand als der Rebschnitt und nicht so viel Kraft wie das Herausziehen des alten Holzes, aber dennoch Erfahrung und vor allem Geschick und Gefühl. Denn die vom Winzer ausgewählten ein oder zwei Fruchtruten je Stock erweisen sich als recht brüchig. Dabei spielt auch die Witterung eine Rolle. So muss man beim Krümmen der Rute sehr behutsam vorgehen, um ein Abbrechen zu vermeiden. Ein solches, immer mal wieder vorkommendes Missgeschick, ist für ein Jahr nicht wieder gut zu machen. Da meist keine Ersatzrute zur Verfügung steht, wird der Rebstock in diesem Jahr keine Früchte tragen. Der Verlust beträgt etwa eine Flasche Wein.
So war es in der Vergangenheit üblich, dass die Winzerfrauen und ihre Helferinnen mit geschickten Händen das Rebenbinden übernahmen. Ausgerüstet mit einem Bündel gut gewässerter Weideruten und einem kleinen, aber scharfen Messer waren die „Heften-Weiber“, wie sie im Fachwörterbuch für Sprache und Kultur des Weines aufgeführt sind, im März und April mit dem Biegen und Anbinden tausender Fruchtruten beschäftigt. Dabei ist bei einer Arbeit, die wie die reinste Erholung in frühlingsfrischer Luft aussieht, gerade bei größeren Flächen durchaus Eile geboten, denn die Bindearbeiten sollten vor dem ersten Austrieb der Reben Mitte April beendet sein. Der Arbeitszeitbedarf beträgt bis zu 40 Stunden für einen Hektar. Dabei werden bis zu 20.000 Bindungen angebracht. Neben dem natürlichen Material wie Weide oder Kordel stehen für diese Arbeit nun auch Materialien aus Draht und Kunststoff und dafür taugliche Hilfsmittel wie Bindezangen zur Verfügung. Dadurch verringern sich der Arbeitszeitbedarf und die Materialkosten.
Wer erstmals bei dieser Arbeit beteiligt ist, muss, bevor es losgehen kann, vorab die Funktionalität der diversen Drähte verstehen, die zwischen den Weinbergstickeln in unterschiedlicher Höhe gespannt sind. Alle dienen sie der Stabilisierung des Rebstocks, dessen Austriebe sonst in die Weinbergzeilen hinein wachsen und haltlos abbrechen würden. Für das Rebenbinden nutzt man einen in etwa 90 cm Höhe gespannten oberen Bindedraht. Über diesen biegt man die Fruchtruten in die immer gleiche Richtung. Nur wo zwei kurze Ruten angeschnitten sind, biegt man eine nach links und eine nach rechts. Etwa 20 cm tiefer findet man den Biegedraht. An diesem bindet man das Ende der Rute fest und versucht dabei, die Abstände zwischen den einzelnen Halbbögen möglichst gleichmäßig zu gestalten. Nicht nur, weil es schöner aussieht. Man schafft damit auch die Voraussetzung für eine gleichmäßige Nährstoffversorgung der Triebe, für eine homogene und durchlüftete Laubwand und für einen gut verteilten Traubenbehang.