Wenn sich der Sommer verabschiedet und die Tage kürzer werden, beginnt die Weinlese. Dann haben die ersten Trauben den gewünschten Reifegrad erreicht. Zucker, Säure, PH-Wert und andere Parameter sind dafür ausschlaggebend. Die Traubenernte bringt dem Winzer den Lohn für alle Arbeit, die vom Rebschnitt an über das ganze Jahr geleistet wurde.
Durch die Vielzahl der Rebsorten, darunter gibt es (sehr) früh, mittel und (sehr) spät reifende, zieht sich die Weinernte gewöhnlich über mehrere Monate hin. Der Witterungsverlauf im Herbst ist dafür ausschlaggebend, ob ein Jahrgang nach Leseabschluss als gering, mittel, sehr gut oder gar als Spitzen– oder Jahrhundertjahrgang eingestuft wird. Ruhiges Herbstwetter mit sonnigen Tagen und kühlen Nächten erlaubt es den Winzern, die Lese hinauszuschieben und dadurch eine noch bessere Traubenqualität zu ernten. Bei zu vielen Regentagen kann der Traubenbehang faulen, dann wird der Lesetermin vorgezogen. In den letzten Jahren konnten die ersten reifen Trauben für die Erzeugung von Federweißem bereits im August geerntet werden. Auch die Trauben für Sektgrundwein werden recht früh geerntet, wenn sie noch nicht zu hohe Oechslegrade und noch eine prickelnde Säure haben. Die Hauptlese beginnt meist Mitte September, spätreifende Sorten wie Riesling werden bis in die zweite Oktoberhälfte, manchmal noch Anfang November eingebracht. Begriffe wie Spätlese oder Auslese sind so entstanden. In wenigen ausgesuchten Weinbergen verbleiben die Trauben noch am Stock: Sie sollen erst edelfaul und mit dreistelligen Öchslegraden als Beerenauslese oder bei frostigen Minustemperaturen zur Eisweinerzeugung geerntet werden.
Aus Kostengründen setzen die Winzer auf dem Großteil der Flächen Traubenvollernter ein. Diese riesigen Maschinen fahren über der Rebzeile, ein richtig eingestelltes Schlagwerk lässt nur die reifen Trauben vom Stock auf ein Lamellensystem fallen. Über ein Förderband werden die Trauben dann in einen mehr als 1.000 Liter fassenden Auffangbehälter geleitet. Die Erntemaschinen ermöglichen ein hohes Erntetempo rund um die Uhr, so dass auf einen Wetterumschwung effizient reagiert werden kann. Ein Vollernter ersetzt etwa zwei Dutzend Handleser. Die traditionelle Handlese ermöglicht allerdings eine noch bessere Selektion der Trauben. So können faule Trauben herausgeschnitten werden oder unreife am Stock verbleiben. In den Leseeimer kommen nur Trauben bester Qualität. Viele Erzeuger von Spitzenweinen lassen nur von Hand ernten.
Das Lesegut muss rasch und möglichst unversehrt in das Kelterhaus gelangen. Dort werden die Trauben zur Weißwein- und Roséherstellung ziemlich rasch gepresst. Die roten Sorten vergären erst einige Tage auf der Maische, unter anderem um Farbstoff aus den Beerenhäuten herauszulösen.
Die Weinlesezeit ist die prädestinierte Zeit für einige Urlaubstage in der Pfalz. Wo noch oder wieder mit der Hand geerntet wird, kann man als Helfer beim „Herbschten“ dabei sein und auch einmal hinter die Kulissen eines Weinbaubetriebes blicken. Im Weinberg können Trauben genascht und zur Brotzeit ein Schluck Wein getrunken werden. Und am Abend, wenn das ganze Dorf nach gärendem Wein duftet, schmecken Federweißer und Speck- oder Zwiebelkuchen.
 

Weinlese
Weinlese © ad lumina