Auf den kalendarischen Herbstanfang warten die Pfälzer Winzer längst nicht mehr, bis sie ihren ersten Federweißen kredenzen. Mit der Lese frühreifer Rebsorten wie Sieger, Ortega und Blauer Frühburgunder beginnt die Vorfreude auf den neuen Jahrgang schon im August. Danach wird Federweißer bis Ende Oktober angeboten.
Genuss mit vielen Namen
»Sauser«, »Rauscher« oder »Bitzler« hat ihn das trinkende Volk getauft. Die einen lieben ihn süß, gleichsam frisch von der Kelter, wenn er noch Traubensaft ist und die Gärung den Geschmack kaum verändert hat. Echte Freunde des Federweißen hingegen verschmähen den Most in diesem Frühstadium und warten, bis er zu gären anfängt. Dann ist es oft eine Sache von Stunden, bis er den Höhepunkt des individuellen Geschmacks erreicht hat. Wenn der Traubenzucker schon fast vergoren ist, also kurz nach der ersten Gärung, färbt er sich weißlich. Er brotzelt nur noch leicht im Tank, in der Flasche oder im Glas und beginnt schon leicht herb zu schmecken. Es gibt Federweißen-Trinker, die ihn genau in diesem Zustand am liebsten mögen. Die meisten aber bevorzugen ein Zwischenstadium, was dazu führt, dass in vielen Haushalten Jahr für Jahr im Herbst ein systematisches Mischen und Experimentieren mit frischem und vergorenem Stoff beginnt.
Tausend wirbelnde Federchen
Erstaunlicherweise wissen selbst Weintrinker bisweilen nicht, warum der Neue Wein eigentlich Federweißer genannt wird. Mit ein bißchen Phantasie und einem Schoppenglas gärenden Mostes vor Augen kommt man leicht dahinter: Die milchig-weiße Färbung des Getränks, das durch die freiwerdende Kohlensäure von innerem Leben erfüllt ist, erinnert an den Tanz von Tausenden wirbelnder Federchen – so die beinahe poetische Erklärung. Ein Leichtgewicht ist der Federweißer deshalb noch lange nicht, denn seine Spritzigkeit verheimlicht nur allzuoft die Kraft, die in ihm steckt. Je nach Körperkonstitution und Gewicht sind zwei bis drei Viertel eine gute Orientierung, um nicht von seiner Wirkung überrascht zu werden.
Vitamine und Bioelemente
Gesund ist vor allem der Verzehr von Traubensaft, besitzt er doch einen hohen Vitamingehalt und Bioelemente der Hefe, die zu den wichtigen Vitaminsynthetisierern zählen. Außerdem betonen Wissenschaftler, dass die Hefezellen nicht im Magen absterben, sondern auch noch im Darm entschlackend wirken. Über die verdauungsfördernde Wirkung gibt es ja hinreichend einschlägige Berichte.
Vom Most zum Federweißen
Durch die Gärung wird aus dem Most, dem frisch gepressten Saft, Federweißer. Was als Federweißer vermarktet werden darf, ist inzwischen durch europäisches Recht geregelt. In einer Klarstellung der Europäischen Gemeinschaft heißt es, es sei herkömmlich und üblich, unter dem Begriff »Federweißer« ein im Zustand der Gärung befindliches frisches Erzeugnis zu verstehen. Wird die Gärung durch Konservierung zeitweise unterbrochen, so ist die Angabe »Federweißer« nicht mehr zutreffend. Ihre Verwendung wäre unzulässig. Der Verbraucher würde über die tatsächliche Art des Erzeugnisses falsch unterrichtet.
Deutscher Federweißer kommt vorwiegend aus der Pfalz
Bei der Produktion von Federweißem gehört die Pfalz zur Spitze in Deutschland. Nach Angaben der Pfalzwein-Werbung stammt mehr als die Hälfte des in Deutschland erzeugten Federweißen von der Deutschen Weinstraße. In den vergangenen Jahren wurden laut Weinbauverband Pfalz bis zu 1,5 Millionen Liter Bitzler oder Süßer vermarktet. Dies ist zwar weniger als ein Prozent der durchschnittlichen Pfälzer Jahresweinernte, doch die Nachfrage steigt ständig. Pfälzer Federweißer wird entweder an Getränkemärkte oder Fachhändler überall in Deutschland versandt, oder er wird ab Hof oder im Straßenverkauf direkt an
Endverbraucher abgegeben. Einige Betriebe haben sich regelrecht auf das Geschäft mit neuem Wein spezialisiert und bieten Jahr für Jahr spätestens Ende August ihren »Neuen« an.
Der rote Bruder
Immer beliebter wird seit einigen Jahren eine farbenfrohe Variante des Federweißen. Denn seit auch der Most von roten Sorten wie Dornfelder halbvergoren angeboten wird, haben manche Federweißen-Freunde die Farbe gewechselt und schwören auf »Federroten«. Er schmeckt tatsächlich etwas herber und ein bißchen nach Rotwein.Vor allem aber schmeckt er – wie sein »weißer Bruder« – nach mehr.